Aktualisierung: Einschätzung der Fallzahl-Sicherheit von WW-Sorten

Aktualisierung: Fallzahl-Sicherheit von Winterweizen-Sorten

Das Jahr 2023 war - nach mehrjähriger Pause - geprägt von niederschlagsreicher Witterung in der Abreife, verbunden mit starker Belastung hinsichtlich sinkender Fallzahlen bis hin zu sichtbarem Auswuchs. Die letzten Belastungsjahre im Anbaugebiet D-Nord waren 2010, 2011 und 2017. Sinkende Fallzahlen sind in der Regel Ausdruck von beginnender Keimungs­aktivität. Unterschreitet die Fallzahl Mindestanforderungen des Handels (im Bereich 220 bis 240 sec), so wird einer Weizenpartie die Vermarktungsfähigkeit als Backweizen abgesprochen und diese somit ohne Zwischenstufen als Futterweizen gehandelt. Volkswirtschaftlich kann das ein gravierendes Problem darstellen – in den Jahren 2010 und 2011 waren in MV ca. 75% des angebauten A-Weizens nicht backfähig. Betrieblich schlägt dies erheblich und vielfältig zu Buche: Qualitätssorten liegen ertraglich unter Futterweizensorten, werden aber als Futter bezahlt schwierige Ernte; erhöhte Trocknungskosten, Umbruch lagernder Bestände mit Starkauswuchs; Kontraktstrafen; unpassende N-Düngung.

Die Sorteneigenschaft Fallzahlsicherheit charakterisiert das Potenzial einer Sorte, unter Fallzahldruck länger als das Gros der Sorten oberhalb der Mindestanforderungen zu bleiben, bzw. umgekehrt das Risiko, diese vorzeitig zu unterschreiten. Im Jahr 2023 trat auch in vielen Sortenversuchen bundesweit eine Belastung der Fallzahl auf. Dies war Veranlassung für eine umfassende überregionale Auswertung und aktuelle Bewertung der Sorten. Der direkte Vergleich von Sorten unter identischen Bedingungen ist die Basis für eine solide Sorten­einschätzung. In der Grafik ist die zusammenfassende Auswertung verschiedenster Sorten­versuche aus allen Bundes­ländern der Jahre 2017 – 2023 dargestellt. Beteiligt sind die Bundesländer, das Bundessorten­amt und die Sortenförderungsgesellschaft, die Auswertung erfolgte in der Landesforschungsanstalt MV. Somit steht diese aktuelle Einschätzung jetzt auf breiter Basis, und insbesondere junge Sorten können erstmals solide bewertet werden.

Die aktuelle Einschätzung der Fallzahlsicherheit dient den Landwirtschaftsbetrieben als wichtige Information im Rahmen der Sortenwahl. Die Sortenwahl ist immer ein Abwägungsprozess, denn keine Sorte hat durchweg optimale Eigenschaften. Insofern sollen auch die schlechteren Einstufun­gen nicht als k.o.-Kriterium betrachtet werden. Vielmehr können folgende Hinweise gegeben werden:

  • Mehr-Sorten-Strategie + Risikostreuung: auch in der Fallzahlsicherheit sollte betrieblich nur ein kleinerer Flächenanteil mit riskanten Sorten bestellt werden.
  • Unter normalen Erntebedingungen sollten unsichere Sorten in der Druschrangfolge vorrangig / frühzeitig gedroschen werden - die sichersten Sorten können dagegen nach hinten verlagert werden.

In einer fortgeschrittenen Belastungssituation, in der bereits ein großer Teil der Bestände unter Druck steht, kann die Umkehr dieser Rangfolge sinnvoll sein, um wenigstens die sichersten Sorten noch zu retten (denn keine Sorte hält die Fallzahl ewig!).

Dokumente

Verfasser Dr. Volker Michel
Erscheinungsdatum 25.07.2024
Telefon 0385 / 588-60230
E-Mail v.michel@lfa.mvnet.de